Zu Beginn der Matinee zur Spielzeiteröffnung der WLB „Spaziergang durch den Spielplan“ wurden zum zwölften Mal die Theaterpreise des Vereins verliehen, diesmal für die zurückliegende Spielzeit 2022/23. Dr. Wolfgang Clauß, der Vorsitzende des Vereins, machte einleitend deutlich, dass es die elfköpfige Jury angesichts des wunderbaren, hochkarätigen Ensembles der WLB und der wieder großartigen Inszenierungen bei der Entscheidungsfindung nicht leicht gehabt habe.
In der Kategorie „Schauspielerin“ ehrte Wolfgang Clauß Lily Frank.
Man habe ihre Schauspielkunst schon bewundern dürfen, als sie noch gar nicht zum Ensemble der WLB gehört habe, in der Spielzeit 2019/20 in „Hölderlin“. Sie sei damals noch Studentin gewesen und habe in acht Rollen gezeigt, welche herrliche Verwandlungskünstlerin sie sei. Besonders einprägsam seien die grandios gespielte Rolle des 11jährigen Henry Gontard und jene der Christiane Zimmer, der letzten Begleiterin Hölderlins im Turm, gewesen. Und als sie in der Spielzeit 2021/22 in „Und wer nimmt den Hund“ die Figur der Doktorandin Laura so großartig gezeichnet habe, das leidenschaftliche Einfangen des Meeresbiologen und dann das kalte Abstoßen, sei endgültig klar gewesen, dass sie hervorragend in das tolle Ensemble der WLB passe.
Als jetziges Ensemblemitglied überzeuge sie in allen ihren Rollen.
Das gelinge ihr bravourös als Hirtenmädchen Kalypso in „Vom Suchen und Finden der Liebe“ auch ohne riesigen Text, schon allein durch ein glaubhaftes Auftreten.
Das gelinge ihr in „Toni Erdmann“ mit viel Text in der Hauptrolle der Ines Conradi, die sie genial interpretiere. Die Gratwanderung, den Vater teils zu dulden, teils abzuwehren und dabei doch nicht zu verletzen, schaffe sie meisterhaft. Und vor allem sei phantastisch, dass sie Sandra Hüller, die Hauptdarstellerin in Maren Ades Spielfilm, nicht kopiert habe, sondern sich treu geblieben und ihren eigenen, großartigen Weg gegangen sei.
Überzeugend sei Lily Frank mit viel Temperament auch in lebhaften und doch so verschiedenen Rollen wie der der Pförtnerin Hölle und des Erzengels in „Der Boandlkramer und die ewige Liebe“.
Und schließlich zeige sie in „Foxfinder“ als Frau des Landwirts ihr Können mit viel Text und schwierigen, hohe Konzentration erfordernden Dialogen.
Lily Frank beeindrucke und begeistere durch ihr starkes Auftreten und durch ihre äußerst klare Sprache und treffe die Charaktere der Figuren ganz genau. Sie sei eine wunderbare Schauspielerin.
Christa Müller ehrte in der Kategorie „Schauspieler“ Antonio Lallo
Antonio Lallo – ein klangvoller Name und dabei nicht einmal ein Künstlername – sei der Geburtsname eines waschechten Italo-Schwaben und Vollblutschauspielers, der sich mit der ganzen Wucht seiner Statur und Stimme in jede seiner vielfältigen Rollen einbringe. Selbst im Adamskostüm mache er eine gute Figur. Sie sei sicher, dass er uns mit seiner Ausstrahlung auch beim Vorlesen des Telefonbuches fesseln würde.
Auf der Bühne überzeuge er uns Zuschauer – und damit auch die Theaterpreis-Jury – durch seine große Wandlungsfähigkeit. Er sei stets voll präsent und präzise – ob in einem Monolog oder im schnellen Dialog. Antonio Lallo beherrsche überzeugend die gesamte Klaviatur der diversen Bühnengenres – sei es in einem Drama wie „Amerika“, in einem Klassiker wie „Macbeth“ oder in einer Komödie wie „Shakespeare in love“.
Unvergessen und damit preiswürdig sei auch sein Engagement während der Corona-Pandemie, als er zusammen mit Marcus Michalski die Quaranszenen inszeniert habe. Man freue sich auf noch viele weitere begeisternde Begegnungen mit – Antonio Lallo!
Monika Wille hielt die Laudatio in der Kategorie „Inszenierung“, in der „DER BOANDLKRAMER UND DIE EWIGE LIEBE“ nach einer Bühnenfassung von Marcus Grube ausgezeichnet wurde und damit als Regisseur Christoph Biermeier und als Ausstatterin Claudia Rüll Calame Rosset geehrt wurden.
Es sei ein in vielfältigen Emotionen humorvolles, lebendiges Theaterstück, das einen tiefsinnigen Ernst beinhalte. Wenn der Boandlkramer seine eigentliche Bestimmung vernachlässige, weil er auf der Suche sei, die „Ewige Liebe“ zu finden, stattdessen „Verschmähte Liebe“ erfahre, mit dem Teufel einen Deal einfädele, sei es am Ende doch tröstlich, dass er sich gutwillig, augenzwinkernd zurückbesinne, irgendwann wieder alle zu sehen.
Man erlebe göttliche schauspielerische Leistungen des gesamten Ensembles und einen mit viel Charme spielenden Christian Koch in der Hauptrolle.
Die musikalischen Klänge von Volksmusik bis zur Rockmusik erweckten beim Zuschauer Begeisterung. Ihr Eindruck sei gewesen: „In der Hölle war der Teufel los“.
Einfallsreich, grandios seien das künstlerische Bühnenbild und die Kostüme von Claudia Rüll Calame Rosset. Die Welt, der Himmel, die Hölle seien so dicht nebeneinander, zielgerichtet erkennbar durch tolle Lichteffekte.
Die Inszenierung von Christoph Biermeier sei großartig, brillant, ein unvergessliches Erlebnis, eine Augenweide, unterhaltsam, ausgelassen und mache nachdenklich
Die Auszeichnung in der Kategorie „Kinder- und Jugendtheater“, die an Alessandra Bosch und Timo Beyerling ging, nahm Angela Richter vor.
Beide, seit 2016/17 Mitglied der Jungen WLB, würden mit ihren beeindruckenden Einzeldarstellungen und in ihrem eindrucksvollen Zusammenwirken das Publikum von den jüngsten Zuschauern bis zu den Erwachsenen begeistern und in ihren Bann ziehen und überzeugten seitdem mit ihrem Können und einer spürbaren Leidenschaft für das Theater und das Schauspiel.
Alessandra Bosch spiele nicht nur eine Rolle, sie verwandele sich faszinierend in die diversen Persönlichkeiten, als die sie auftrete. Sie agiere mal sensibel oder fordernd, mal fürsorglich oder aufrührerisch und dabei immer glaubhaft und nachvollziehbar. Ihre schauspielerische Kunst habe sie zuletzt als Protagonistin in der Gemeinschaftsproduktion „Corpus Delicti“gezeigt.
Timo Beyerling überzeuge in jeder seiner vielen verschiedenen Rollen durch sein intensives Spiel und sein authentisches Agieren. Innerhalb einzelner Stücke wechsele er fließend zwischen freundlichem oder zynischem, zwischen unterwürfigem oder aggressivem Auftreten. Er vermittele den Zuschauenden das Gefühl, nicht nur eine Person in einer Rolle darzustellen, sondern: Er SEI diese Person.
Besonders hervorzuheben sei das perfekte Zusammenspiel dieser beiden Akteure. Durch ihre gemeinsame Interaktion werde die jeweilige Handlung greifbarer und selbstverständlicher. Der Ausdruck der Charaktere, die sie spielten, werde intensiver.
In der Kategorie „Sonderpreis“ wurde die Freilicht-Inszenierung „SHAKESPEARE IN LOVE“ ausgezeichnet und damit wurden als Regisseur und Bühnenbildner Marcel Keller und als Kostümbildnerin Erika Landertinger geehrt.
Frank Schwarz führte in seiner Laudatio aus, beim Schlusspunkt der Theatersaison mit ihren großartigen Aufführungen und grandiosen Leistungen aller Beteiligten habe man vorgefunden:
Eine traumhafte Kulisse, die mit dem historischen Gemäuer der Maille zu einem wundervollen Bühnenbild verwoben worden sei, wobei sogar das so typische Globe Theatre des Meisters seiner würdig im Kleinformat als Spielstätte einbezogen worden sei; ein Ensemble, das bis in die kleinsten Nebenrollen perfekt besetzt gewesen sei und voller Spielfreude mit Text und Aktion uns als Publikum in den Bann gezogen habe; farbenfrohe, herrliche Kostüme, die die Charaktere der Darsteller zusätzlich zur Geltung gebracht hätten – man erinnere sich nur an die Auftritte von Gesine Hannemann als Königin Elisabeth –; grandiose Fechtszenen vom Feinsten, bei denen man erneut auch die Geschicklichkeit und die sportlichen Fähigkeiten der Akteure habe bestaunen können – und die der Choreografen, die solche „Schaukämpfe“ überhaupt erst ermöglicht hätten.
Besonders hervorzuheben sei, mit welcher Detailgenauigkeit das Spannungsverhältnis von Kollegialität und Rivalität zwischen den Hauptdarstellern Shakespeare und Marlowe dargestellt worden sei und dabei auch dem Theater zur Zeit Elisabeth I. und dessen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Konkurrenzkämpfen ausreichend Raum gegeben worden sei.
Eine nicht nur rundum gelungene, sondern eine herausragende Freilichtinszenierung, in der Umgebung, Bühnenbild, Kostüme und Ensemble zu einem grandiosen Ganzen zusammengefunden hätten.
